Aus einer spontanen Idee einiger Karnevalisten wird 20 Monate später ein neuer Spielplatz im Wert von insgesamt 109.000 Euro. Wie das funktioniert und was der 67-jährige Baggerfahrer Rolf Schmitz damit zu tun hat, erzählt uns Thomas Diekmann, Präsident der Urbacher Räuber e.V., und treibende Kraft in diesem Spielplatz-Projekt.

spielplatz-raeubertal_eroeffnung

Der Spielplatz Räubertal in Köln Porz bei der Spielplatz-Eröffnung Ende Mai 2014. Foto: Urbacher Räuber e.V.

 

Herr Diekmann, wie kommt ein Karnevalsverein auf die Idee, einen Spielplatz zu bauen?

Diekmann: Die Idee ist eigentlich aus einer Bierlaune heraus entstanden. Wir hatten in der Zeitung gelesen, die Stadt Köln schließt auf Grund knapper Kassen etwa 160 Spielplätze. Das hat uns sehr geärgert. Denn es kann ja nicht sein, dass Spielmöglichkeiten immer mehr kaputt gemacht werden und sich gleichzeitig alle aufregen, dass die Jugendlichen auf der Straße abhängen.

Auf dem Platz am Mühlenweg, wo jetzt der neue Räubertal Spielplatz steht, feiern wir seit fünf Jahren unser Sommerfest und dachten, durch die beiden naheliegenden Kindergärten, das ist genau der richtige Ort dafür. Ganz spontan und eher blauäugig haben wir dann beschlossen: Wir bauen einen Spielplatz und die 20.000 Euro kriegen wir schon zusammen.

spielplatz_raeubertal_eroeffnung_280Matthias Scherz, ehemaliger Fußball-Profi des 1. FC Köln, Oberbürgermeister von Köln, Jürgen Roters, und Thomas Diekmann (v.l.n.r.) zerschneiden gemeinsam feierlich das Band bei der Räubertal Spielplatz-Eröffnung am 24. Mai 2014. Scherz übernimmt im Namen der Initiative „Platz da!“ – mit 10.000 Euro einer der Hauptsponsoren des Projekts – die Patenschaft für diesen Spielplatz. 

 

Dabei ist es ja deutlich teurer geworden…

Diekmann: Ja, uns wurde schon nach den ersten Gesprächen klar, dass wir mit den angedachten 20.000 Euro nicht weit kommen würden. Vorher war uns überhaupt nicht bewusst, wie teuer so ein Spielplatz eigentlich ist. Die Spielgeräte alleine haben ja schon 38.000 Euro gekostet und der Ballfangzaun 22.000 Euro, geschweige denn die Kosten für die verbauten Materialien von ca. 18000 Euro.

Verbaute Materialien für den Räuberspielplatz

Verbaute Materialien für den Räuberspielplatz, Flyer zur Spielplatz-Eröffnung. Urbacher Räuber e.V.

 

Und wie haben Sie die riesige Summe aufgetrieben?

Diekmann: Wir haben richtig Gas gegeben. Als Startschuss fand am 29. September 2012 unser Benefiz-Konzert zu Gunsten des Spielplatzes statt, bei dem 10.000 Euro als Startkapital zusammenkamen. 

Die Benefiz-Veranstaltung am 29. 2013 war der Startschuss für

Die Benefiz-Veranstaltung am 29. 2013 war der Startschuss für. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Außerdem sind wir auf Sponsorensuche gegangen. Jörg Strübe, Urbacher Räuber, hat im Internet nach möglichen Sponsoren gesucht und ich habe diese angeschrieben und gesagt, wir bauen hier einen Spielplatz in Köln Porz, könnt ihr uns Geld geben. Und ganz wichtig: Von Beginn an habe ich meine Kontakte zur Presse genutzt, um unser Projekt bekannt zu machen. Das hat gut funktioniert, die Presse hat viel berichtet. Der WDR hat uns zum Beispiel einen Tag lang mit einem Fernsehteam begleitet. So waren wir schnell bekannt und konnten wichtige Großsponsoren gewinnen: Kölner Bank (5.000 Euro), Kultur- und Sozialstiftung Provinzial (2.500 Euro), Initiative „Platz da!“ (10.000 Euro) und die BILD-Aktion „Ein Herz für Kinder (6.344 Euro). Außerdem hat uns die Firma Baumaschinen Zeppelin GmbH für die gesamte Bauzeit die Baumaschinen (Bagger, Frontlader, etc.) kostenlos zur Verfügung gestellt. Und die Landschaftsarchitekten Lill + Sparla aus Köln haben unser Projekt mit Sonderkonditionen unterstützt.

 

Wie haben die Anwohner reagiert?

Diekmann: Riesig! Durch die Berichte in den Medien kannte uns jeder und viele Menschen aus dem Ort kamen und haben ihr privates Geld gespendet. Das allein war schon eine große Hilfe. 40 bis 50 Leute haben einen symbolischen „Baustein für den Spielplatz“ für jeweils 111 Euro gekauft. Insgesamt kamen 30.000 Euro durch private Spenden zusammen.

Am Spielplatz-Zaun zeugt die Spenden-Tafel für die große Unterstützung des Projektes. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Am Spielplatz-Zaun zeugt die Spenden-Tafel für die große Unterstützung des Projektes. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Aber auch aktiv haben viele mitgeholfen. Ganz besonders gefreut habe ich mich über die E-Mail von Rolf Schmitz, einem 67 Jahre alten Rentner, die ich gleich zu Beginn bekam. Der schrieb eine richtige Bewerbung mit Anschreiben und Zeugnissen, IHK Bescheinigung usw. und bewarb sich bei unserem Projekt als Baggerfahrer. Er wollte unbedingt mit dabei sein, obwohl er krankheitsbedingt alle zwei – drei Stunden Sauerstoff nehmen muss und die Arbeit für ihn körperlich sehr anstrengend war. Rolf hat uns sehr geholfen. Wir haben ihn inzwischen zum Ehrenmitglied gemacht und wir sind froh, solche Menschen in unseren Reihen zu haben.

Thomas Diekmann dankt Baggerfahrer Rolf Foto: Urbacher Räuber e.V.

Thomas Diekmann dankt Baggerfahrer Rolf Schmitz für seinen unermüdlichen Einsatz. Foto: Urbacher Räuber e.V.

 

Was war die größte Herausforderung?

Diekmann: Ich würde sagen, es gab nicht die eine große Herausforderung. Es war eher ein riesiger Berg vor dem wir anfangs standen, und ich war selber überrascht, wie gut es mit der Unterstützung vieler geklappt hat, diesen Berg zu erklimmen. Das fing mit der Geldsuche an und hörte mit den Arbeitseinsätzen auf.

Bei jedem Arbeitseinsatz waren die fleißigen Helfer verlässlich vor Ort. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Bei jedem Arbeitseinsatz waren die fleißigen Helfer verlässlich vor Ort. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Ein riesiger Ansporn war für mich regelmäßig zu erleben, dass ich eine Mail schreibe: „Samstag geht’s weiter, wir brauchen wieder Leute, die helfen.“ Und dann stehen da Woche für Woche, ein halbes Jahr lang, 30 bis 40 Leute, die alle helfen wollen. So haben wir die ganzen Bodenarbeiten selber gemacht. Das hätte 19.000 Euro gekostet und uns noch mal sehr viel mehr Zeit, dieses Geld über Spenden zusammenzutragen. Ein Landschaftsgärtner aus unserem Verein hat die Arbeiten betreut und so haben wir das alleine hingekriegt. Am letzten Samstag vor der Spielplatz-Eröffnung standen wir auf dem Platz und haben (im Scherz) gesagt: „Was machen wir eigentlich nächsten Samstag? Jetzt haben wir keine Aufgabe mehr.“ 😉

 

Das alles zu organisieren, klingt nach sehr viel Arbeit…

Diekmann: Stimmt, das Ganze hat sehr viel Zeit gekostet. Allein um an Geld zu kommen, haben wir viele, viele Anträge geschrieben, manchmal 50-60 Seiten ausgefüllt, und viele Absagen kassiert. Aber es hat funktioniert, und das ist es, was zählt.

Dass ich mich da so reinhängen konnte, habe ich auch meinem verständnisvollen Arbeitgeber zu verdanken, der mein Engagement voll und ganz unterstützt. Seit 20 Jahren bin ich als Betriebsratsvorsitzender bei verschiedenen Arbeitgebern u. a. bei der VIVA Fernsehen GmbH sowie am Flughafen Köln/Bonn tätig und konnte auch mal zwischendurch ein Stündchen nutzen, wenn ich keine Termine hatte. Mein Chef weiß aber auch, dass ich eher zu viele als zu wenige Stunden für ihn im Einsatz bin.

 

Selbst etwas zu verändern – ist es das, was Sie antreibt?

Diekmann: Ich habe die Einstellung: Ich kann nicht über die Politiker und die Stadt schimpfen, wenn ich selber nur auf dem Sofa sitze. Wenn wir uns aber zusammen tun, dann können wir Vieles erreichen. Nach diesem Prinzip lebe ich.

Schon bei der Übernahme der Präsidentschaft der Urbacher Räuber 2002 habe ich deshalb klar gemacht: Wir können gerne sieben Tage lange Karneval feiern, einen Trinken und Spaß haben. Aber die 358 Tage im Jahr müssen wir irgendetwas Sinnvolles tun und nicht nur auf der Couch liegen. Und seitdem engagieren wir uns für soziale Projekte und nun eben auch für Spielplätze.

Wappen-der-KG3_100Seit 12 Jahren engagiert sich der traditionelle Karnevalsverein Urbacher Räuber e.V.  für soziale Projekte und hat im Laufe der Zeit insgesamt ca. 300.000 Euro gesammelt. Angefangen hat es mit einem Benefizkonzert für einen kleinen Verein, die finanzielle Unterstützung brauchten, um ein Wohnhaus für behinderte Menschen zu bauen. Auch für die Tsunami-Opfer in Indonesien haben die Urbacher Räuber mehrere 1000 Euro gespendet, wovon sich die Bewohner eines Dorfes, zu dessen Bischof noch heute Kontakt besteht, Boote kaufen konnten. Aktuell unterstützen die Urbacher Räuber das Hospiz im Ort bei dem Projekt „Trauerbegleitung von Kindern“.

 

Sie sagen, Sie wollen nicht immer nur meckern über die Stadt. Wie hat denn die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen geklappt?

Frau Paul (links) und Frau Heinemann vom Amt für Kinderinteressen der Stadt Köln waren eine große Stütze. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Frau Paul (links) und Frau Heinemann vom Amt für Kinderinteressen der Stadt Köln waren eine große Stütze. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Diekmann: Zugegeben, man haut ja gerne auf die städtischen Beamten ein. Aber da muss ich echt sagen, die Zusammenarbeit war super. Frau Heinemann und Frau Paul vom Amt für Kinderinteressen haben uns mit fachlichem Rat zur Seite gestanden: Was gilt es beim Spielplatzbau zu beachten? Welche sicherheitstechnischen Auflagen gibt es? Und sie hatten auch Dinge auf dem Schirm, an die wir als Laien gar nicht gedacht hätten. Zum Beispiel, dass der Ballfangzaun zwischen Bolz- und Spielplatz so stehen muss, dass die Arbeiter immer noch mit ihren Mähmaschinen durchkommen, um die Wiese auf dem Spielplatz zu mähen.

 

Was packen Sie als nächstes an?

Spielplatz am Bungert ist dringend sanierungsbedürftig Foto: Urbacher Räuber e.V.

Der Spielplatz am Bungert ist dringend sanierungsbedürftig und als nächstes Projekt der Urbacher Räuber e.V. bereits ausgemacht. Foto: Urbacher Räuber e.V.

Diekmann: Wir haben tatsächlich schon das nächste Spielplatzprojekt vor Augen, nämlich den Spielplatz im Parkgelände „Bungert“ zwischen KGS Kupfergasse und Frankfurter Straße. Dieser Spielplatz ist ziemlich herunter gekommen und müsste komplett grundsaniert werden. Fachleute sagen, dass das Projekt ca. 300.000 Euro kosten würde. Aber schon jetzt sind die Politik und die Stadt mit im Boot. Außerdem wollen wir viele Urbacher Vereine für das Projekt begeistern, um die Gemeinschaft noch auszubauen und mehr erreichen zu können. Da wartet viel Arbeit auf uns. Aber Rolf der Baggerfahrer hat schon zugesagt.

 

Wir danken für dieses Gespräch und wünschen viel Erfolg für die  Verwirklichung der nächsten Pläne!

Auf Spielplatztreff gibt’s noch mehr Spielplätze in Köln mit Beschreibungen, Fotos und Bewertungen.